In der Schwangerschaft verändert sich körperlich so vieles, dass jede Frau manchmal darüber nachdenkt, ob das noch normal ist. Übelkeit und Erbrechen, noch nie dagewesene Beschwerden, die ersten Tritte des Babys, der runder werdende Babybauch mit seiner ganz individuellen Form… das alles kennt jede Frau und weiß, was auf sie zukommen wird. Doch dann gibt es Beschwerden, die weniger bekannt sind, beispielsweise Rauschen im Ohr während der Schwangerschaft.
Diese körperlichen Veränderungen betreffen nicht jede Frau und sind somit weniger bekannt – das kann beunruhigen. Schließlich verläuft nicht jede Schwangerschaft „nach Plan“ und die werdende Mutter muss auf Warnsignale hören. Das Rauschen im Ohr gehört allerdings zu den harmloseren Nebenerscheinungen einer Schwangerschaft und hat meist keine gefährlichen Ursachen.
Rauschen im Ohr bei schwangeren Frauen
Schwangere erleben das Rauschen im Ohr als pulssynchrone Erscheinung. Das bedeutet, sie hören das Blut rauschen und hören somit gleichzeitig den eigenen Herzschlag. Meistens verschwindet das Rauschen im Ohr auch nicht sofort nach der Geburt, es kann mehrere Wochen und Monate danach noch auftreten und gehört zu den Veränderungen des weiblichen Körpers, die sich nicht so schnell zurückbilden. Grundsätzlich gibt es nur wenige Möglichkeiten, woher das Rauschen im Ohr kommen kann:
- Hörsturz
- Bluthochdruck
- Tinnitus
- Flüssigkeitsmangel
- Verstofpungen durch Ohrenschmalz
- entstehende Infektionskrankheiten des Mittelohrs
Ein Hörsturz ist ein ein- oder beidseitiger Verlust der vollen Hörfunktion ohne erkennbare Ursache. Er ist grundsätzlich ernst zu nehmen und kündigt sich durch Rauschen im Ohr an. Während der Schwangerschaft kann der Hörsturz durchaus auch auftreten, allerdings lässt er sich jetzt nicht so gut behandeln – das Baby verträgt nicht alle Medikamente, die gegen den Hörsturz wirksam sind. Glücklicherweise ist aber eine relativ hohe Rate der Spontanheilung gegeben und die Frau kann den Hörsturz oft verhindern, indem sie auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achtet, wenn sie ein Rauschen im Ohr hört. Sollte es doch so weit kommen, dass der Hörsturz aufs Rauschen im Ohr folgt, sollte sie sich umgehend zum HNO-Arzt begeben und sich eine Medikation geben lassen, die für schwangere Frauen geeignet ist. Für das Baby besteht jedoch allein durch einen Hörsturz noch keine Gefahr. Da Schwindel ein Begleitsymptom sein kann, sollte die Schwangere sich zum Arzt fahren lassen, um sich und ihr Baby nicht zu gefährden.
Rauschen im Ohr: Anzeichen von Bluthochdruck
Ein zu hoher Blutdruck in der Schwangerschaft ist relativ häufig und betrifft eine von zehn Müttern. Bestand er schon vor der Schwangerschaft, wird er währenddessen nicht besser und kann zur Wahrnehmung von Rauschen im Ohr führen. Tritt der Bluthochdruck erst nach der 20. SSW auf, so gilt er als schwangerschaftsbedingt, kann aber die gleichen Symptome wie normaler Bluthochdruck haben. Rauschen im Ohr in der frühen Schwangerschaft, der mit Bluthochdruck verbunden ist, geht mit hohem Risiko einer Präeklampsie einher – und diese wiederum kann sehr gefährlich werden. Deswegen sollten betroffene Mütter sich und ihr Baby bei Bluthochdruck engmaschig überwachen lassen und das Rauschen im Ohr sowie alle anderen körperlichen Symptome und Veränderungen selbst genau beobachten.
Tinnitus in der Schwangerschaft
Tinnitus ist ein Rauschen oder Piepsen im Ohr, das tagsüber sowie nachts auftreten kann und den Betroffenen besonders dann beeinträchtigt, wenn er deswegen nicht einschlafen kann. Eigentlich ist Tinnitus ein Sammelbegriff für mehrere lang anhaltende, störende Ohrgeräusche. Innen- und Mittelohrentzündugen, Veränderungen des Blutdrucks, aber auch Stress und seelische Belastungen können zu Tinnitus in der Schwangerschaft führen, ein polssynchrones Rauschen im Ohr ist dabei keine seltene Form. Frauen, die ungeplant oder gar ungewollt schwanger geworden sind, können dadurch so starken Stress empfinden, dass es zum Rauschen im Ohr kommt. Das ist zwar harmlos, deutet jedoch darauf hin, dass sie bedenklich viel Stress durchleben – und der wiederum kann sich auf das Baby und seine eigene körperliche Stressreaktion im späteren Leben negativ auswirken.
Infektionen der Mittel- und Innenohren
In der Schwangerschaft sind Erkältungen und Infektionen fast an der Tagesordnung. Das Immunsystem reduziert seine Aktivität aufs notwendige Minimum, um nicht versehentlich das Baby als Fremdkörper zu erkennen und abzustoßen. Deswegen sind schwangere Frauen für Bakterien und Viren aller Art so angreifbar, die sich durch das schwache Immunsystem zu allem Überfluss auch noch wunderbar leicht verschleppen können – zum Beispiel bis ins Mittel- oder Innenohr, wenn alles nur als vermeintlich harmlose Erkältung begonnen hat. Normalerweise tun derartige Entzündungen so weh, dass die Schwangere allein aufgrund dieser Beschwerden einen Arzt aufsucht. Allerdings kündigen sich Infekte der inneren Hörorgane vorab durch ein noch schmerzloses Rauschen im Ohr an – zumindest in manchen Fällen. Das Rauschen tritt dann spontan auf und entwickelt sich meist binnen weniger Stunden oder bis zum nächsten Tag zur deutlich schmerzhafteren Ohrenentzündung.
Verstopfungen durch Ohrenschmalz
In der Schwangerschaft verändert sich die Konsistenz von fast allem. Hormone wirbeln den Körper der Frau durcheinander und es kommt zu körperlichen Veränderungen, die sie so noch gar nicht kannte. Nicht jede mögliche Veränderung der körperlichen Funktion steht im Lehrbuch. Deswegen sollte sie auch nicht überrascht sein, wenn das Rauschen im Ohr eine ganz einfache Erklärung hat: Ohrenschmalz. Sammelt sich im Gehörgang zu viel Ohrenschmalz, kann er diesen mit der Zeit verstopfen. Nicht immer lässt sich das durch eine Reinigung verhindern. Meistens passiert es über Nacht, dass der Ohrenschmalz tief im Gehörgang zu einer Blockade wird, der Schallwellen nicht mehr richtig durchlässt. Ein HNO-Arzt kann Abhilfe schaffen, indem er den Gehörgang reinigt. Dann verschwindet auch das Rauschen im Ohr sofort.
Wann sollten Schwangere bei Rauschen im Ohr zum Arzt?
In der Schwangerschaft sollte jede körperliche Veränderung so genau wie möglich beobachtet und vor allem ernst genommen werden. Ein spontan aufgetretenes Rauschen im Ohr während der Schwangerschaft ist in jedem Fall ein Anlass, den Arzt aufzusuchen. Dabei wendet man sich am besten direkt an den HNO-Arzt. Da bei Tinnitus manchmal Infusionen in Frage kommen, muss die Frau gleich zu Beginn angeben, dass sie schwanger ist, da diese Medikation einer werdenden Mutter nicht verabreicht werden darf. Sie wäre eine zu große Gefahr für das ungeborene Kind. Hält das Rauschen im Ohr länger an und ist erträglich, aber manchmal nervenaufreibend, sollte die Schwangere zunächst den Gynäkologen konsultieren. Dieser kann sie auf hohen Blutdruck untersuchen und wird sie gegebenenfalls weiterverweisen, falls sie noch eine weitere Untersuchung durch den HNO-Arzt braucht. Dasselbe gilt auch, wenn die Frau nach der Geburt noch ein Rauschen im Ohr wahrnimmt, denn es verschwindet nicht sofort nach der Schwangerschaft wieder, wenn es währenddessen aufgetreten ist.
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