Rund 50 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland sind mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert, das zu Magenschleimhautentzündungen und Magengeschwüren führen kann. Selbst wenn die Infektion keine Beschwerden verursacht, steigt langfristig das Risiko für ein Magenkarzinom. Kann die Eradikationstherapie dabei auch in der Schwangerschaft Abhilfe schaffen?
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Die Eradikationstherapie hat die Bekämpfung von Magengeschwüren revolutioniert
Früher galt ein Magengeschwür als etwas, das vor allem gestresste Manager und Menschen mit einer entsprechend hohen Belastung in Alltag und Beruf entwickelten. Dass ein Bakterium die Ursache für die weitaus meisten chronischen Magenschleimhautentzündungen sein könnte, war bis in die 80er Jahre hinein unbekannt.
Mit dem Nachweis des Helicobacter pylori konnte aber letztlich ein Hauptauslöser identifiziert werden. Da sich herausstellte, dass eine Eradikationstherapie – also der gezielte Einsatz von Antibiotika – den Erreger vollständig eliminieren kann, war die oftmals chronisch verlaufende Erkrankung Magengeschwür nun erstmals heilbar.
Schätzungen zufolge ist etwa die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland mit dem Bakterium infiziert, doch viele Patienten entwickeln keine Symptome und Beschwerden. Trotzdem sollte eine derartige Infektion zumindest bei bestimmten Risikogruppen unbedingt behandelt werden, so die überarbeitete Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
Die Wahrscheinlichkeit, langfristig an Magenkrebs zu erkranken, steigt nämlich auch dann an, wenn die Helicobacter-Infektion ohne primäre Symptome bleibt.
Einer Eradikationstherapie unterziehen sollten sich demnach insbesondere:
- erstgradige Verwandte von Patienten mit Magenkrebs
- Patienten, die bereits eine Krebserkrankung durchgemacht haben
- Patienten, die länger als ein Jahr lang sogenannte Protonenpumpeninhibitoren zur Säurereduktion im Magen einnehmen
- Patienten mit erhöhtem Risiko für Magenblutungen (z. B. wegen Gabe nichtsteroidaler Anthirheumatika – NSAR)
Andere Erkrankungen oder die Einnahme bestimmter Arzneistoffe wie Glukokortikoide (z. B. Cortison) können das Risiko für Magenblutungen ebenfalls erhöhen. Eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung einer Eradikationstherapie ist allerdings, das der Erreger definitiv im Patienten nachgewiesen wird. Ein solcher Nachweis kann über verschiedene Testverfahren erfolgen, etwa über einen Atemtest oder Stuhlproben. Da diese Tests nicht zu 100 % aussagekräftig sind, sollten mindestens zwei positive Tests vorliegen, bevor die Therapie zur Eradikation begonnen wird.
Eine Ausnahme liegt bei positivem Nachweis von Helicobacter pylori durch eine Biopsie einer entzündeten Magenschleimhaut vor, dann ist kein weiterer Test notwendig. Die erwähnten Protonenpumpeninhibitoren (PPI) kennen viele Patienten mit Magenbeschwerden. Diese Arzneistoffe haben die bekannten Antazida zur Reduktion der Magensäure weitgehend ersetzt und sind zum Teil frei verkäuflich.
Die PPI wirken nicht direkt gegen die bereits im Magen vorhandene Säure, sondern regulieren die Säurebildung quasi an der Quelle. Da die PPI langfristig die Zellbildung im Magen beeinflussen und verändern können, gilt bei langfristiger Anwendung die Empfehlung, zur Magenkrebsprophylaxe die Eradikationstherapie in Erwägung zu ziehen.
Tatsächlich kommen die PPI auch in der Tripletherapie zur Eradikation zum Einsatz – dann allerdings immer nur kurzfristig. Studien an Schwangeren sind in der Pharmazie nicht erlaubt, weswegen es nur statistische Analysen über die klinische Praxis gibt, was die Anwendung von PPI während der Schwangerschaft betrifft. Demnach scheint Omeprazol (bekanntes freiverkäufliches PPI-Medikament) kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, Spontanaborte oder Frühgeburten mit sich zu bringen.
Für andere Arzneistoffe der PPI-Gruppe gilt diese Analyse allerdings nicht, weswegen Frauen in der Schwangerschaft auf Lansoprazol, Pantoprazol oder Rabeprazol vorsichtshalber verzichten sollten – die Datenlage ist schlicht unzureichend. Generell sollte die Abwägung zur Einnahme von PPI zur Säureregulierung individuell und nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Das ist bei frei verkäuflichen Arzneimitteln besonders wichtig.
Was wird bei einer Eradikationstherapie gemacht?
Nachdem die Diagnose gesichert und der Erreger im Patienten nachgewiesen ist, kommt für die Eradikation in der Regel die sogenannte Tripeltherapie zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine Kombinationstherapie aus drei Medikamenten, die je nach Verfahren unterschiedlich zusammengesetzt sein können.
Derzeit gibt es eine italienische und französische Therapievariante, die in den jeweiligen Ländern erstmals klinisch erprobt wurden und die sich beide als wirksam erwiesen haben. Sie unterscheiden sich im Detail hinsichtlich der Wirksamkeits- und Resistenzlage. Die französische Tripletherapie besteht aus einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) sowie den beiden Antibiotika Amoxicillin und Clarithromycin.
Bei der italienischen Variante wird statt Amoxicillin das anaerobe Antibiotikum Metronidazol verwendet. Für beide Varianten der Eradikationstherapie gilt für die Anwendung als Erstlinientherapie, dass eine Behandlung für mindestens sieben, aber maximal 14 Tage durchgeführt werden soll. Nach einigen Wochen Pause kann ein erneuter Test auf Helicobacter pylori Aufschluss darüber geben, ob die Behandlung erfolgreich war.
Eine Wiederholung der Eradikationstherapie nach Empfehlung der DGVS ist möglich. Scheitert auch der zweite Versuch, stellt die Pharmazie mit der Quadrupeltherapie eine Zweitlinientherapie zur Verfügung. Diese Zweitlinientherapie kommt vor allem bei Resistenzen gegen Antibiotika infrage und enthält Arzneistoffe auf Bismutbasis.
Kann man eine Eradikationstherapie auch in der Schwangerschaft durchführen?
Schwangere haben häufig mit Magenproblemen zu tun. Häufiges Aufstoßen, Sodbrennen und auch die berühmte Morgenübelkeit sind in der Regel unspezifisch. Allerdings gibt es natürlich auch Symptome, die im Zusammenhang mit einem Magengeschwür oder einer Gastritis stehen können.
Die gastroduodenale Ulkuskrankheit bezeichnet Geschwüre, die im Magen und/oder Zwölffingerdarm (Duodenum) auftreten können. Nicht selten werden diese vom Helicobacter pylori verursacht und sollten entsprechend behandelt werden. Nun stellt sich die Frage, ob Diagnostik und Therapie für die gastroduodenale Ulkuskrankheit während einer Schwangerschaft überhaupt zu empfehlen sind.
Die nichtinvasiven Testverfahren zum Nachweis des Bakteriums können problemlos bei allen Patienten durchgeführt werden und auch die Gastroskopie (Magenspiegelung), bei der Gewebeproben entnommen werden können, lässt sich im Regelfall ohne Risiko für die Schwangerschaft durchführen. Die Entscheidung muss aber selbstverständlich unter der Abwägung von Nutzen und Risiko getroffen werden, wie bei jeder medizinischen Fragestellung in der Schwangerschaft.
Generell ist die Eradikationstherapie durchführbar. Tatsächlich beträgt die sogenannte Prävalenz einer Infektion mit HP-Bakterien während einer Schwangerschaft zwischen 20 und 30 Prozent (bezogen auf europäische Länder). Gerade das sogenannte Schwangerschaftserbrechen scheint einigen Studien zufolge mit einer Helicobacter-Infektion assoziiert zu sein.
Die Symptome lassen sich in diesen Fällen durch die Eradikationstherapie deutlich verbessern. Außerdem gibt es Hinweise, dass verschiedene Komplikationen bei Schwangeren durch den Helicobacter begünstigt oder sogar verursacht werden könnten. Dazu zählen etwa das verstärkte Auftreten der Eisenmangelanämie, Präeklampsie oder eine Wachstumsverzögerung beim Fötus.
Diese Faktoren lassen darauf schließen, dass eine Eradikationstherapie auch in der Schwangerschaft sinnvoll sein kann. Die Tripletherapie kann während der gesamten Schwangerschaft durchgeführt werden, wobei die französische Schematik der italienischen vorzuziehen ist, da sowohl die Penicilline als auch das Omeprazol (PPI) bei Schwangeren gut erprobt sind. Sollte eine Zweitlinientherapie notwendig werden, falls die Erstlinientherapie versagt, ist jedoch eine individuelle Abwägung zu treffen.
Fazit: Eradikationstherapie in der Schwangerschaft ist möglich und meistens sinnvoll
Da es tatsächlich Hinweise darauf gibt, dass ein großer Teil der Fälle von Schwangerschaftserbrechen durch eine Helicobacter-Infektion begünstigt oder gar verursacht werden könnte, ist es insbesondere bei größerem Leidensdruck der Betroffenen sinnvoll, die Eradikationstherapie durchzuführen. Vor allem die französische Tripeltherapie hat sich als sehr sicher in der Anwendung erwiesen und scheint nach aktueller Datenlage kein erhöhtes Risiko für Schwangere mit sich zu bringen.
Durch die relativ kurze Anwendungsdauer (7 bzw. 14 Tage) ist der Nutzen der Eradikationstherapie bei großem Leidensdruck und anderen Erkrankungs- und Mangelzuständen, die mit dem HP in Verbindung gebracht werden, entsprechend groß. Auch Kinder sind bereits häufig frühzeitig von einer Helicobacter-Infektion betroffen.
Im Sinne der Vermeidung späterer Komplikationen kann eine Eradikation bereits im Kindesalter in Erwägung gezogen werden. Insbesondere der immer deutlicher werdende Zusammenhang zwischen Magenkrebsprophylaxe und Eradikationstherapie spricht für die Durchführung gerade in Fällen, in denen keine Symptome und Beschwerden auftreten. Das gilt umso mehr bei Patienten, bei denen in der engeren Familie bereits ein Magenkarzinom aufgetreten ist oder die selbst an Frühformen von Krebs leiden.
Da die Resistenzlage sich bei Antibiotika immer weiter verschärft, sollte eine Eradikationstherapie nur dann durchgeführt werden, wenn der Erreger zweifelsfrei im Patienten nachgewiesen wurde.
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