Aktuell wird in Deutschland jede vierte Schwangerschaft als Risiko-Schwangerschaft angesehen. Dabei haben spätgebärende Mütter oftmals trotzdem eine gute Schwangerschaft, wenn sie einige Tipps beachten.
Spätgebärende ab dem 35. Lebensjahr
Immer mehr prominente Frauen machen es vor, und immer mehr “normale” Frauen machen es ihnen nach: Das erste Kind jenseits des 35. Lebensjahrs. Ausdrücke wie “Spätgebärende”, “späte Mütter” oder “Risikoschwangere” werden dann oftmals mit Frauen wie diesen in Verbindung gebracht, denn trotz modernster Medizin und neuester Technik soll es angeblich immer noch Risiken geben, die bei diesen Frauen auftreten könnten. Wenn sich die reiferen Schwangeren aber gut auf die bevorstehende Zeit und die eventuellen Beschwerden einstellen, dann kann die Schwangerschaft auch für sie bestens verlaufen. Das Folgende sollten Spätgebärende unbedingt wissen.
Spätgebärende und eine gute Vorsorge
Die positive Nachricht vorab: In Deutschland sind 97 Prozent der Babys, deren Mütter als so genannte Spätgebärende eingestuft worden sind, bei der Geburt gesund. Das liegt auch daran, dass vor allem für eine spätgebärende Schwangere eine umfassendere Vorsorge ansteht als bei einer jüngeren Frau, die eine Schwangerschaft erlebt. Dafür gibt es auch den extra erstellten und immer wieder aktualisierten Katalog der Kriterien für Risikoschwangere, zu dem 52 Kriterien gehören.
Das sind zum Beispiel:
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- Herz- und Kreislaufprobleme
- Diabetes
- Heuschnupfen
- Seelische Probleme
- Aktuelle Lebenssituation
Video: Planet Wissen – Ein Kind um jeden Preis
Spätgebärende: Chromosomen als Risiken
Trotz einer engmaschigen Vorsorge und Begleitung während der Schwangerschaft gibt es für eine Spätgebärende tatsächlich einige Risiken. Dazu gehört zum Beispiel die hohe Wahrscheinlichkeit bei Spätgebärenden, dass das Kind an einer Chromosomenstörung erkrankt. Mit einer Fruchtwasseruntersuchung, fachlich als Chorionzottenbiopsie bezeichnet, kann dieser mögliche Gendefekt bereits beim Ungeborenen in der Schwangerschaft festgestellt werden.
Dazu sollten späte Mütter vor allem das Folgende wissen:
- Die häufigste Chromosomenstörung ist die Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt.
- Bei einer 20-jährigen Mutter ist nur eines von 1700 Kindern betroffen.
- Bei 35-jährigen Müttern ist schon eines von 400 Kindern und bei einer Mutter mit 40 ist bereits eines von 68 Kindern betroffen.
- Auch die Wahrscheinlichkeiten für weitere seltene, aber schwerwiegende Trisomien 18 (Edwards-Syndrom) und 13 (Patau-Syndrom) kommt bei Spätgebärenden erhöht vor.
- Diese Störungen führen zu einer stark verkürzten Lebenserwartung mit massiver Behinderung oder zu einer hohen Sterblichkeitsrate der Ungeborenen.
Spätgebärende und geringere Fruchtbarkeit
Die Qualität und Anzahl der Eizellen sinken bei einer Frau ab dem 30. Lebensjahr bereits deutlich. Das führt auch dazu, dass in höherem Alter häufiger Zyklen gänzlich ohne Eisprung verlaufen, auch weil von den ungefähr 400 000 Eizellen, die während der Pubertät im weiblichen Körper entstehen, ab dem 35. Lebensjahr etwa nur noch 35 000 übrig sind.
Ebenso sinkt mit der Zeit auch deren Qualität, was zu Chromosomenstörungen oder einem Abbruch der Schwangerschaft im frühen Stadium führen kann. Meistens erfolgt diese dann in Form einer stärkeren Monatsblutung, bevor die Schwangerschaft überhaupt bemerkt wurde. Eine verminderte Fruchtbarkeit ist sowieso der Grund, warum Frauen mit zunehmendem Alter länger auf ein Kind warten müssen.
In Zahlen heißt das:
- Oft dauert es länger als ein Jahr bis es klappt, dass eine körperlich gesunde Frau jenseits der 35 noch schwanger wird.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit 35 beim Geschlechtsverkehr schwanger wird, liegt bei lediglich zehn Prozent.
- Bei Frauen um die 40 sinkt die Quote sogar auf nur fünf Prozent.
- Obwohl Frauen über 35 heute im Allgemeinen körperlich fit und gesund sind, kommt es vermehrt zu Komplikationen in der Schwangerschaft.
Spätgebärende und gesundheitliche Risiken
Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes in der Schwangerschaft treten jenseits der 35 Jahre deutlich häufiger auf. Die Komplikationen sind allerdings rein schwangerschaftsbedingt und daher nur vorübergehend. Sie erfordern aber eine genaue Überwachung und Behandlung bei der Schwangeren.
Weitere medizinische Funktionsstörungen wie Fibrome, also gutartige Wucherungen der Gebärmutter, Blutungen aufgrund einer tief liegenden Plazenta oder Beschwerden des Nervensystems können die Schwangerschaft und eine natürliche Entbindung beeinträchtigen.
Diese Beschwerden führen dann bei älteren Schwangeren öfter zu einer Geburt per Kaiserschnitt. Das Auftreten von solchen Risiken in der Schwangerschaft steigt von knapp 10,5 Prozent bei Frauen im Alter zwischen 20 und 29 auf gut 19 Prozent bei Frauen zwischen 35 und 39 Jahren.
Spätgebärende und positive Folgen
Rund um die Mütter, die sich später für eine Schwangerschaft entschieden haben oder entscheiden mussten, zum Beispiel weil vorher der Partner fehlte oder das Berufliche wichtiger war, gibt es eine Menge Gerüchte. So sollen angeblich Kinder von Spätgebärenden häufiger krank sein. Eine These, die das Max-Planck-Institut für Demographische Forschung in Rostock aktuell wiederlegen konnte.
Es hat gerade herausgefunden, dass es nicht stimmt, dass deren Kinder häufiger krank seien, sondern eher das Gegenteil zutrifft: “Für das Erwachsenenalter der Kinder scheinen frühe Geburten bedenklicher zu sein als späte”, sagte Mikko Myrskylä, Leiter der Forschungsgruppe „Dynamik des Lebensverlaufes und Demografischer Wandel”, nach der Auswertung der Daten von 18 000 Müttern.
Entscheidend für die spätere Gesundheit der Kinder sind vor allem diese Kriterien:
- Der Bildungsstand der Mütter hat direkte Auswirkungen auf ihr Gesundheitsbewusstsein.
- Gut und gehoben gebildete Mütter verzichten eher auf Rauchen und Alkoholkonsum.
- Ältere Mütter verfügen oft über mehr soziale Kompetenzen und stecken mehr Zeit in Bildung.
- Dadurch sind sie oft besser in der Lage, ihrem Kind in Sachen Schule und Beruf zur Seite zu stehen.
- Reifere Mütter haben meistens im Beruflichen ihre Position gefunden, eine Karriere hinter sich und sind daher eher bereit, für das gewünschte Kind auf Berufliches zu verzichten.
Bedenken sollte man darüber hinaus bei der Kritik an einer Spätgebärenden auch, dass reifere Mütter sich meistens ganz bewusst für ihren Nachwuchs entscheiden, wenn die Schwangerschaft ansteht. So können sie sowohl die Schwangerschaft besser genießen als sich auch danach intensiver auf ihre neue Rolle als Mutter einlassen und für ihr Kind da sein.
Es gibt also von daher im Grunde genommen gar keine Gründe, warum Spätgebärende in der Kritik ihrer Umwelt stehen sollten. Schließlich gibt es seit Jahren auch immer häufiger “späte Väter”, die aber meistens positiver wahrgenommen werden. Diese Rückmeldung sollte auch Spätgebärenden zuteil werden.
Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: Angyalosi Beata -#1: Nadino -#2: George Rudy