Wenn jemand Angst hat, aber nicht genau weiß, wovor eigentlich, liegt bei häufigem Auftreten dieses Phänomens meist eine psychische Störung oder gar Erkrankung vor. Panikattacken? In vielen Fällen handelt es sich um eine sogenannte Angststörung, die sich nach und nach steigern und zu einem Panikproblem auswachsen kann. Die Betroffenen fühlen sich in ihren Angstzuständen gefangen. Bemerkenswert ist, dass rund 60 bis 70 Prozent aller Menschen, die Angstprobleme haben, Frauen sind.
Angstzustände und Panikattacken: Was ist das?
Meist treten die Ängste aus heiterem Himmel auf, Betroffene können sich nicht vorher darauf einstellen. Es zeigen sich verschiedene körperliche Symptome, die sogar als lebensbedrohlich empfunden werden. Die betreffenden Menschen haben teilweise das Gefühl, sie werden verrückt, weil sie Schmerzen verspüren und kein Arzt eine Erkrankung feststellen kann. Oft erfolgt die Behandlung mithilfe von Medikamenten, die aber natürlich die Ursache nicht beheben können – es werden nur die äußeren Erscheinungen behandelt.
Betroffene entwickeln schon nach kurzer Zeit Angst vor der nächsten Panikattacke. Wer zum Beispiel beim Betreten eines Kaufhauses Angst vor den Menschenmassen verspürt, wird Einkaufsbummel schon bald gänzlich vom Tagesplan streichen. Das Meiden bestimmter Situationen und Orte führt allerdings zu Einschränkungen, die das Wohlbefinden noch weiter beeinträchtigen.
Wer unter Panikattacken leidet, ist in einem Kreislauf aus Angst gefangen, das Problem wird immer weiter vergrößert.
Symptome der Angst
Symptomatisch zeigen sich Paniken und Angststörungen auf vielfältige Weise sowohl im körperlichen als auch im seelischen Bereich. Bei vielen Betroffenen beschleunigt sich der Herzschlag und der Blutdruck steigt. Ein Kribbeln in den Beinen und die sprichwörtlichen „weichen Knie“ treten auf, was mit dem Gefühl bei einer großen Aufregung vergleichbar ist. Übelkeit und Harndrang, vielleicht sogar Durchfall zeigen sich. Enge in der Brust, Schmerzen, die teilweise mit einem Herzinfarkt verglichen werden, Atemnot und Erstickungsgefühle sind ebenfalls häufige Anzeichen bei einem Panikproblem.
Dazu kommen Unsicherheitsgefühle und teilweise das Empfinden, einer Ohnmacht nahe zu sein, die Angst vor Kontrollverlust tritt ebenso auf wie teilweise eine Todesangst. Viele Patienten berichten ihrem behandelnden Arzt, dass sie bei Angstattacken und Panikanfällen einem Herzinfarkt nahe waren – auch wenn das medizinisch gesehen gar nicht der Fall war. In dieser Situation beginnt auch das Gedankenkarussell:
Ich könnte sterben!
Es wäre schrecklich, wenn ich jetzt einen Herzinfarkt hätte.
Niemand ist da, um mir zu helfen!
Die Ängste sind derart realistisch, dass die Betroffenen das Leiden nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden können und die körperlichen Auswirkungen als tatsächliche Krankheitsanzeichen deuten.
Interessanterweise sind viele Leute, die unter Paniken leiden, auch Alkoholiker bzw. trinken übermäßig viel Alkohol. Der Grund: Sie versuchen, sich „Mut anzutrinken“ und da die Situationen, in denen sie sich nicht wohlfühlen, nach gewisser Zeit immer öfter auftreten, wird auch der Alkoholkonsum gesteigert.
Die Symptome noch einmal zusammengefasst:
Körperliche Anzeichen
• Beschleunigter Herzschlag
• Steigender Blutdruck
• Kribbeln in den Beinen
• Weiche Knie
• Übelkeit
• Vermehrter Harndrang
• Durchfall
• Atemnot
• Schmerzen in der Brust
Geistige Anzeichen
• Unsicherheit
• Todesangst
• Ausblenden der Realität
• Verzweiflung
Sonstige Anzeichen
• Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten
Video: Panikattacken! Wenn die Angst den Alltag beherrscht!
Worin liegen die Ursachen für eine Panikattacke und für Angststörungen?
Häufig treten die Probleme auf, wenn sich ein Mensch in einer schweren Notlage befindet bzw. in einer außergewöhnlich belastenden Situation. Das kann die Trennung vom Partner sein, der Verlust einer nahestehenden Person, die Kündigung der Arbeitsstelle oder eine finanzielle Krise.
Solche Stresssituationen werden körperlich und seelisch zur Belastungsprobe und häufige Reaktionen darauf sind Ängste, die in einer Panik gipfeln. Auch eine chronische Erkrankung und die damit einhergehende körperliche Erschöpfung können dazu führen, dass sich der Stress ein Ventil sucht – was eben in der Angststörung endet.
Eine weitere Ursache kann ein hyperaktives Nervensystem sein. Die betreffenden Leute reagieren auf Reize schneller und intensiver als andere Personen. Gleichzeitig sind sie weniger gut in der Lage, sich auf neue Situationen einzustellen und sich entsprechend anzupassen. Insgesamt ist die Angstbereitschaft dieser Leute erhöht.
Eine große Rolle bei der Entstehung einer Panikstörung spielt der perfektionistische Anspruch, den viele dieser Personen an sich selbst haben.
Sie fühlen sich für alles und jeden verantwortlich und sind dadurch chronisch überfordert. Sie setzen keine Grenzen, weder für sich selbst noch für die Forderungen anderer, außerdem sind sie nicht in der Lage, Ärger auszudrücken und damit Stress abzubauen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen. Es werden häufig neue Aufgaben übernommen, die eigentlich die Grenze der möglichen Belastbarkeit übersteigen. Überforderung führt zu einer dauerhaften psychischen Belastung, die sich in einer Störung bis hin zur Panikattacke deutlich zeigen kann.
Ursachen für die Erkrankung können aber auch körperlicher Natur sein. Wenn der Körper mit einem Mangel an Vitamin B1 zu kämpfen hat oder wenn eine Fehlfunktion der Schilddrüse vorliegt, können Angstprobleme ausgelöst werden. Das gilt auch, wenn eine Erkrankung der Leber vorliegt oder wenn der Blutzucker zu niedrig ist. Schwindel- und Schwächeanfälle können zur Benommenheit und zu Ängsten über mögliche Gefahren für die eigene Gesundheit führen.
In den Wechseljahren zeigen sich Panikattacken besonders häufig, hier wird die hormonelle Umstellung als Ursache gesehen.
Wer sich in ärztlicher Behandlung befindet und regelmäßig bestimmte Medikamente wie Antidepressiva, Präparate für die Schilddrüse oder Antihistaminika einnimmt, kann ebenso das Leiden unter Ängsten auslösen. Auch Drogen, der Genuss von Kaffee, die Einnahme von Schlaftabletten oder Herz-Kreislauf-Mitteln sowie der plötzliche Verzicht auf diese Dinge wird ursächlich für das Entstehen von Panikattacken gesehen.
Die Ursachen im Überblick:
• Akute Notlage persönlicher Art (Trennung, Trauer, Verlust)
• Chronische Erkrankungen
• Erschöpfungszustände
• Hyperaktives Nervensystem
• Perfektionistischer Anspruch
• Fehlende Grenzensetzung
• Unfähigkeit, Ärger auszudrücken
• Mangel an Vitamin B1
• Fehlfunktion der Schilddrüse
• Lebererkrankungen
• Wechseljahre und hormonelle Umstellung
• Einnahme bestimmter Medikamente
• Entzug von Medikamenten, Drogen oder Genussmitteln
Wie verläuft eine Panikattacke?
Es gibt bestimmte Situationen, die die Panik auslösen – meist sind das Momente, in denen die betreffenden Personen glauben, keinen Einfluss auf das Geschehen zu haben. So etwas kann im Kino der Fall sein, wenn sie in einem Stau stehen oder wenn sie in der Schlange vor der Kasse des Supermarktes warten und die Menschenmassen scheinbar immer näher rücken. Gerade die Agoraphobie (Platzangst) geht mit Panikattacken einher.
- Stadium: Die Personen, die an einer Agoraphobie oder einer anderen Angst bzw. Zwangsstörung erkrankt sind, sind verunsichert von den körperlichen Reaktionen der Attacke und wollen so ein Erlebnis nicht noch einmal haben.
- Stadium: Die entsprechende Räumlichkeit oder Situation wird gemieden. Gleichzeitig stellen sich die Patienten das Erlebnis immer wieder vor, was dazu führt, dass der Körper unter eine ähnliche Anspannung wie in dem betreffenden Moment versetzt wird.
- Stadium: Damit der Tagesablauf aber aufrecht erhalten werden kann, suchen sich die Patienten schon bald Hilfsmittel – Drogen oder Alkohol kommen im schlimmsten Fall ins Spiel. Die Personen ziehen sich aus ihrem Umfeld zurück, Depressionen können die Folge sein.
Ängste behandeln: Mit Ängsten umgehen lernen
Ein Psychologe wird auf die kognitive Verhaltenstherapie und hier insbesondere auf die Konfrontationstherapie abzielen. Wichtig ist, dass die Patienten die Gründe für die Panikstörung erkennen. Was löst diese aus? Wo liegen die Ursachen? Gibt es bestimmte Momente, in denen die Probleme häufiger auftreten? Außerdem müssen die Ansprüche an sich selbst und an die Umwelt reduziert werden. Niemand ist perfekt!
Zudem wird der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Patienten daran arbeiten, den Umgang mit dem Angstzustand zu erlernen. Die Patienten müssen lernen, welche Zusammenhänge zwischen ihren Gedanken über mögliche Katastrophen und den Reaktionen ihres Körpers bestehen. Sie müssen erkennen, dass die körperlichen Auswirkungen von ihnen selbst geschuldet sind und dass sie selbst dafür verantwortlich sind, wie der Körper reagiert. Die Patienten müssen lernen, dass die Angst immer weiter wachsen wird, wenn sie dies zulassen, dass es aber umgedreht in rund 90 Prozent der Fälle nie zu den gefürchteten Katastrophen kommt. Meidung und Flucht sind keine Lösung, die Ängste werden aber geringer, wenn man sich ihnen stellt und die angstauslösenden Momente bewusst sucht.
Wenn der Körper nicht mehr wie gefürchtet reagiert, lernen die Patienten wieder Vertrauen zu haben und können auch Tipps umsetzen, die ihnen durch den Psychiater gegeben werden. Der Therapeut muss den Patienten unbedingt unterstützen, wird ihm aber immer raten, sich dem angstauslösendne Problem zu stellen. Bewusst sollen Orte und Personen aufgesucht werden, die Auslöser für die Angststörung sind.
Wird die Belastung immer wieder erhöht und erkennt der Patient, dass er diese Belastung durchaus aushalten kann, wird das eine positive Verstärkung bewirken. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in die eigene körperliche und seelische Belastbarkeit wächst.
Hilfe bei Ängsten: Angstzustände bekämpfen
Personen, die sich mit einer Panikstörung quälen, sollten sich immer dessen bewusst sein, dass sie selbst für das Problem verantwortlich sind und dieses mit Fantasien und Vorstellungen hervorrufen. Sie müssen die Gedanken unter Kontrolle bringen, dann ist es auch möglich, die Angstprobleme zu überwinden. Natürlich ist das nicht von heute auf morgen möglich, es braucht Zeit, um selbst so weit zu kommen.
Dafür müssen sich die Personen selbst beobachten und herausfinden, wann der Körper wie und warum reagiert. Es muss klar sein, dass keine körperliche Erkrankung vorliegt – kein Tumor im Kopf, kein Herzfehler und auch keine Geisteskrankheit ist die Ursache des Problems. Wer sich immer ausmalt, wie gefährlich ein Moment sein kann und was alles passieren kann, muss damit rechnen, dass sein Körper Stressreaktionen zeigt. Er kann gar nicht anders, immerhin wird er durch Gedanken und Fantasien in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Die betreffenden Leute müssen es vermeiden, sich aus bestimmten Momenten zurückzuziehen und zum Beispiel nicht mehr einkaufen zu gehen oder den Fahrstuhl nicht zu benutzen. Sie sollten sich bewusst diesen Dingen aussetzen und so herausfinden, dass gar nichts passiert. Eine dauerhafte Meidung führt nur dazu, dass Angstzustände entstehen bzw. wachsen können.
Es muss aber damit gerechnet werden, dass die Panik entstehen wird, wenn die bisher gemiedene Sachlage bewusst gesucht wird. Dafür sollte sich jeder sagen, dass die Ängste nun auftreten werden, weil man sich bisher eingeredet hat, dass eine Sache gefährlich ist. Gleichzeitig ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass das Aushalten dieses Moments oder Sachverhalts möglich ist, auch wenn es unangenehm werden könnte. Tiefes Durchatmen in den Bauch hinein kann helfen, die körperlichen Symptome zu mildern und den Stress weniger intensiv zu empfinden. Außerdem sollte der Moment so lange ausgehalten werden, bis sich die Atmung beruhigt hat und bis der Körper wieder normal reagiert.
Video: Panikattacke stoppen!
Weitere Behandlung: Bauchatmung gegen Stress
Viele Therapien setzen auf eine bewusste Atmung – so auch die Hilfe bei Angstzuständen. Diesbezügliche Tipps sprechen davon, wie erfolgreich die Bauchatmung eingesetzt werden kann, um sich selbst zu beruhigen und den Körper wieder aus der Alarmbereitschaft zu holen.
- Für die Bauchatmung wird die flache Hand kurz unterhalb des Nabels auf den Bauch gelegt.
- Dann muss tief eingeatmet werden – und nun hilft die Vorstellungskraft weiter.
- Der Patient muss sich vorstellen, die Atemluft würde bis in den Bauch hinein fließen und von dort aus in die Hand gelangen.
- Danach konzentriert sich die Person darauf, wie die Luft wieder nach oben in den Brustraum gelangt und wie die Hand auf dem Bauch in ihre ursprüngliche Lage zurückgeht.
Diese Übung muss öfter wiederholt werden, idealerweise mehrere Minuten lang. Der Körper entspannt sich dadurch und kann natürlich nicht gleichzeitig angespannt sein. Gerade in Stresssituationen ist dies eine gute und erprobte Hilfe.
Wer sich bei einem Angstzustand immer wieder beruhigt, weiß, dass er damit umgehen kann. Schon bald werden die Momente seltener werden und die Gedanken nicht mehr um den schlimmstmöglichen Fall kreisen.
Übrigens kann auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe gewinnbringend sein, denn hier ist der Austausch mit anderen Menschen möglich, die die gleichen Probleme haben. Man leidet gemeinsam und befreit sich gemeinsam von Panikzuständen. Außerdem hat jeder andere Tipps, mit denen er vielleicht schon Erfolg hatte und mit denen sich das Problem angehen lässt.
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